Jahrgang (36) 2008

Herausgegeben von der SUEVIA PANNONICA, Vereinigung Ungarndeutscher Akademiker, Sitz Heidelberg
und von der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn, Landesverband Baden-Württemberg, Sitz Stuttgart

Heidelberg, 2008, 144 Seiten

ISBN 978-3-911210-35-5

Im Mittelpunkt des „Archivs der Deutschen aus Ungarn“ 2008 steht das religiöse Leben der Ungarndeutschen, das auf vielfältiger Weise durch weit gefächerte Themenbereiche beleuchtet wird.

Idmar Hatzack beschäftigt sich in seinem Aufsatz mit der ersten ungarischen Königin „Gisela von Bayern, die nie heilig gesprochene, dennoch heilig verehrte Königin der Ungarn und die erste deutsche Vertriebene“. Gisela war die Tochter des Herzogs Heinrich II. von Bayern, (des nachmaligen Kai­sers Heinrich II.) und der Herzogin Gisela von Burgund. Obwohl die Prinzessin ur­sprünglich vorhatte, ins Kloster zu ziehen, betrachten die Historiker die Ehre als glücklich. In Begleitung von Gisela kamen nach Ungarn Adlige, Geistige und drei­hundert bayerische Ritter. Die Tätigkeit der Königin für das ungarische Volk und für die Kirche beschreibt der Verfasser ausführlich. Ihr Gemahl Stefan veranlasste, dass zehn Dörfer eine Kirche bauen müssen, für die Ausstattung sorgte die Krone selbst. Deshalb reiste das Königspaar durch das Land und legte Grundsteine von neuen Kirchen und stattete diese auch aus. Nach dem tödlichen Jagdunfall des Thron­folgers Emmerich wird der Königin eine bedeutende Rolle bei den Thronwirren nachgesagt. Deshalb wurde sie mit vielen deutschen Rittern, Adligen und Siedlern aus Hass, be­schimpft als „Ausländerin“ 1045 oder 1046 aus dem Land verwiesen und damit war sie die erste deutsche Vertriebene aus Ungarn.

Die weiteren Artikel in diesem Stoff­bereich behandeln Themen wie „Die Rolle der katholischen Kirche in der ungari­schen Vergangenheit und Gegenwart“ von Josef Haltmayer.

Die sakrale Musik wird im Beitrag von Franz Galambos-Göller „Josef Schober und seine Marienlieder“ dar­gestellt.

Josef Schramm untersucht „Die Religionsgeographie im pannonischen Bereich“. Beiträge über die Jüngstgeschichte der Deutschen in Ungarn bereichern die Ausgabe von Gerhard Seewann „Konzepte der Vertreibung: Berlin – London – Prag – Budapest“ und von Paul Ginder „Volksbund – Weg einer apolitischen Volkes in der Weltgeschichte. Skizzen aus Erfahrungen und Erinnerungen“.

Interessant ist der Beitrag von Karl-Peter Krauss, der sich mit „Erbschaften: Der Geldtransfer nach Ungarn im 18. und frühen 19. Jahrhundert“ beschäftigt und beweist mit exempla­ri­schen Beispielen, dass die Aussage des katholischen Pfarrers und Parlaments­abge­ord­neten Béla Varga, der am 11. November 1942 im ungarischen Parlament den Satz äußerte: „Mit einem Bündel sind sie gekommen, mit einem Bündel sollen sie gehen.“, nicht stimmen kann. Im Beitrag erfährt man über die Erbschaften, die für in Ungarn lebende deutsche Kolonisten ausgezahlt wurden. Als Resümee schreibt der Verfasser: „Insgesamt spielte der Geldtransfer unter Berück­sichtigung der sehr heterogenen Ansied­lungs­bedingungen für die infra­struk­turelle Entwicklung der Ansiedlungs­gebie­te eine nicht zu unter­schätzende Rolle … Insgesamt zeigt sich, dass ein in der Summe nicht unerheblicher Geldtransfer neben dem mitgenommenen Vermögen auch in Form von Erbschaften erfolgt ist. Wurde dieses Geld investiert, wurde es zu einem Katalysator für soziale Mobilität und ökonomischem Aufschwung.“

Der Artikel „In den Fängen der ungarischen Stasi“ von Georg Richter hilft die Stasimethoden kennenzulernen und trägt damit zu der Aufarbeitung eines der dunklen Abschnitte der unga­ri­schen Geschichte bei. Über die Tätigkeit des Künstlers Heinrich Stephan erfährt der für Kunst interessierte Leser aus den Federn von Paul Ginder: „Der Kunstmaler Heinrich Stephan (1896-1971) – Leitbild ungarndeutschen Wesens“. Insgesamt kann fest­gestellt werden, zwar ist das „Archiv der Deutschen aus Ungarn“ 2008 eine ziemlich spät erschienene Ausgabe, beinhaltet informative, interessante, lesenswerte Artikel.

Das Archiv 2008 endet mit Buch­besprechungen.

Den Jahrgang 36 schmücken auf dem Titelblatt zwei Bilder. Das obere hat die Überschrift: Der Kaiser Heinrich II. des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation verlobt seine Schwester Gisela mit Stephan, das untere: Gisela als Äbtissin. Alle Bildszenen aus dem Leben von Gisela gehören zum Zyklus des Wandgemäldes in der St. Gisela-Kirche von Arad-Gai (Bistum Temeswar). Für den Inhalt des Archivs mit lobens­werten Beiträgen ist Rudolf Fath verantwortlich.

Katharina Eicher-Müller

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