Jahrgang (31) 2003

Herausgegeben von der SUEVIA PANNONICA, Vereinigung Ungarndeutscher Akademiker, Sitz Heidelberg,
dem Sozial- und Kulturwerk der Deutschen aus Ungarn, Sitz München
und von der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn, Sitz Stuttgart

Heidelberg, 2004, 144 Seiten

ISBN 978-3-911210-30-0

In der Ausgabe 2003 des „Archivs der Deutschen aus Ungarn“ findet der Leser Beiträge im Zusammen­hang mit dem Ungarndeutschtum aus den Bereichen Ge­schich­te, Mundart, Volkskunde. Reinhold Drescher geht in seiner Abhandlung „Vom Morgenrot unserer Geschichte – Anfänge deutschen Lebens in Panno­nien“ der Frage nach, ab wann das deutsche Leben auf dem Boden von Pannonien existiert und ob es kontinuierlich dort anwesend war.

Karl-Peter Krauss zeigt in seinem Beitrag „Deutsche Aus­wanderer in Ungarn im 18. Jahrhundert – Die Herrschaft Bóly“ die Auswanderungsmotive der Deutschen aus Baden-Württemberg, den Verlauf der Ansiedlung in Südungarn, die Lebensformen der Ansiedler und Konsoli­dierungs­konflikte auf. Der Verfasser beschreibt vier Phasen der Ansiedlung der Deutschen, die sich zeitlich überschneiden. In der dritten Phase (1744-1746) wurden die Serben auf den Befehl der Eigentümerin, der Gräfin Eleonora von Batthyány-Strattmann, ausgesiedelt, damit veränderte die Herrin das ethnische Gefüge in ihrer Herrschaft. „Die Teutschen sind emsig, arbeitsam und cultivieren mit vieler Mühe und anstregung Ihre Felder“, schrieb der herrschaftliche Fiskal Strázsay im 19. Jahr­hundert in einem Brief, „daher sind sie auch wohlhabender.“ Die Ansiedlung war ein Prozess, bei dem die Siedler viele Rückschläge erleiden mussten, demographische Krisen, Krankheiten, Gemarkungs­grenz­streitigkeiten, dazu kam die Bedrohung durch die Räuberbanden, die aus den verdrängten, erbosten Serben bestanden. In seinem Fazit macht der Verfasser uns darauf aufmerksam, dass die stereotype Aussage, dass die deutschen Siedler in öde, unbe­siedelte Landschaften in Ungarn kamen, überprüft werden muss.

Friedrich Spiegel-Schmidt befasst sich in seinem historischen Beitrag mit der Zeit der Monarchie: „Die Entwicklung des Nationalitätenproblems in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie“ und Anneliese Till mit einem volkskundlichen Thema „Der heilige Wendelin und seine Verehrung bei den Ungarn­deutschen“.

Die Wissenschafts-Preisträgerin der Suevia Pannonica, Krisztina Kaltenecker, erläu­tert in ihrem Aufsatz „Über die Entstehung der ungarndeutschen Siedlung Sankt Stephan bei Darmstadt“ den schweren Prozess der Gründung der Siedlung.

Neben der Wissenschafts-Preisträ­gerin kommen noch Nachwuchswissenschaftlerinnen aus Ungarn mit zwei Beiträgen zu Worte: Claudia Papp: „Der organisierte Kampf um Frauenrechte in der Horthy-Ära“ und Zsuzsanna Gerner: „Zu Identitäts­konzepten der Ungarndeutschen um die Jahrhundertwende“.

Anton Tressel stellt exemplarisch mit dem Beispiel in Tarjan und in Södjen den Verlust der Muttersprache dar, mit der Überschrift: „Über den Madjari­sierungs­drang in Deutsch-Södjen und Tarian“. In seinen Schlussfolgerungen ver­gleicht er die Situation der Ungarn, die in der 1949 in die Slowakei gekommenen Zwillings-Gemeinde Ungarisch-Södjen leben und die der Ungarndeutschen in Tarjan und stellt fest, dass die Deutschen in Tarjan, die 80% der Bevölkerung bilden, keine ausreichenden deutschen Bildungseinrichtungen besitzen, im Gegensatz zu den Ungarn in der Slowakei.

Krisztián Ungváry beschäftigt sich in seinem Aufsatz mit der Frage des Turanis­mus „Der ungarische Turanismus – Ein geistiger Irrweg der Zwischen­kriegs­zeit“. Der Turanismus ist die Zuwendung zu euro-asiastischen Vorfahren im 19. Jahrhundert in Ungarn, in dem die Führungsrolle des ungarischen Volkes hervorgehoben wird. Ferenc Szálasi, der Führer der Pfeilkreuzler, integrierte viele Gedanken des Turanis­mus. Diese turanistischen Vereinigungen wurden 1945 verboten. Zusammen­fassend stellt der Verfasser fest, dass die turanistischen geistigen Strömungen die konserva­tive Reaktion auf die moderne Welt zu betrachten sind. Es hatte auch positive Züge, zum Beispiel die Tibet-Forschung. Der Verfasser betont, dass nur Teile der ungari­schen Gesellschaft von diesen Ideen beeinflusst wurden.

Das Buch wird mit einem sprachwissenschaftlichen Aufsatz des Suevia-Pannonica-Preisträgers Peter Kappel „Wortstellung und Adjunktklammer in hypotaktischen Strukturen der schwäbischen Varietät von Tevel in Südungarn“ abgerundet.

Josef de Ponte schmückt den Jahrgang (31) mit dem zweifarbigen Titelbild. „Mittel­alterliche Zünfte in meiner Heimatstadt Ofen – 1975 – Entwurf für ein Wandbild“. Für den Inhalt des Archivs ist zum letzten Mal Dr. Josef Schwing verantwortlich, der die Redaktion des Archivs in junge Hände übergab. An dieser Stelle sagen wir ein herzliches Dankeschön für seine langjährige Arbeit.

Katharina Eicher-Müller

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